Thomas Hoffmann ist Unternehmensberater bei der Handwerkskammer für Mittelfranken. Er und seine Kollegen stehen Handwerkern mit Rat und Tat zur Seite. Natürlich auch bei dem herausfordernden Thema der Betriebsübergabe.
DHZ: Herr Hoffmann, in welcher Form kann ich meinen Betrieb denn übergeben?
Thomas Hoffmann: Es gibt im Prinzip vier Formen der Betriebsübergabe: Verkauf, Verpachtung, Schenkung und Beteiligung. Jede hat ihre Vor- und Nachteile. Wenn keine passt, bleibt letztendlich nur die Betriebsaufgabe.
DHZ: Welche Form empfehlen Sie?
T. H.: Das hängt von den individuellen Gegebenheiten ab. Außerdem spielt natürlich auch eine Rolle, ob ich familienintern oder –extern übergebe.
Schenkung
DHZ: Welche ist denn die häufigste Form im Handwerk?
T. H.: Im Handwerk wird der Betrieb häufig innerhalb der Familie auf dem Weg der vorweggenommenen Erbfolge, d.h. einer Schenkung, auf die nächste Generation übertragen. Da bei einer Schenkung die Buchwerte des Betriebes fortgeführt werden können, entsteht keine Aufdeckung der stillen Reserven, was in der Regel steuerlich günstiger ist. Es kann zum Beispiel vereinbart werden, dass eine monatliche Zahlung in Form einer Leibrente oder dauernden Last vom Übernehmer an den Übergeber fließt. Doch Vorsicht: Dann handelt es sich nicht mehr um eine reine Schenkung, da die wiederkehrenden Zahlungen addiert natürlich einen Gegenwert darstellen.
Apropos Steuern: Der Erwerb von Todes wegen und Schenkung unter Lebenden (auch die gemischte Schenkung) unterliegen der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Das Gesetz kennt aber eine Reihe von Steuerbefreiungen und Freibeträge. Beziehen Sie bei Ihren Überlegungen in jedem Fall den Steuerberater mit ein.
Verkauf
DHZ: Und wenn ich innerhalb der Familie keinen Nachfolger finde?
T. H.: Dann sollte der Unternehmer die Augen offen halten und nach einem familienexternen Nachfolger Ausschau halten. Gibt es zum Beispiel in der Belegschaft eine(n) Mitarbeiter/-in, die oder der geeignet und Willens ist, den Betrieb zu übernehmen. Eine weitere Möglichkeit bietet die nexxt-change Unternehmensbörse im Internet, bei der die Handwerkskammer für Mittelfranken Partner ist. Über die Börse werden Verkäufer und Käufer zusammengeführt. Egal, über welche Schiene der Nachfolger gefunden wird – hier handelt es sich dann um einen Verkauf des Unternehmens. .
DHZ: Welche Vor- und Nachteile hat diese Variante?
T. H.: Naja, der Verkäufer erhält einen Kaufpreis, den er z.B. für die Altersabsicherung verwenden kann. Der Käufer hat einen „funktionierenden“ Betrieb mit der Geschäftsausstattung, dem Kundenstamm und den Mitarbeitern. In Zeiten des Fachkräftemangels ist ein eingespielter Mitarbeiterstamm ein entscheidender Faktor für einen Käufer. Käufer und Verkäufer können dann noch vereinbaren, ob die Kaufsumme in einem Betrag fließt oder ob eine ratierliche Zahlung der Summe erfolgt.
Verpachtung
DHZ: Wie sieht es dann mit einer Verpachtung aus?
T. H.: Im Kern bleibt der bisherige Unternehmer Eigentümer seines Betriebes und verpachtet diesen an einen Pächter. Das hat Chancen und Risiken auf beiden Seiten. Aus Sicht des Verpächters besteht das Risiko, dass der Pächter seiner Pachtzahlung nicht nachkommt und er den Betrieb nicht im Sinne des Verpächters führt. Aus Sicht des Pächters könnte es bei Kündigung des Pachtvertrages durch den Verpächter zu einem abrupten Ende seiner Selbstständigkeit an dem Standort kommen.
DHZ: Eine Verpachtung ist also keine Option?
T. H.: So pauschal kann man das nicht sagen. Auch hier gilt: Es sollte zwischen Pächter und Verpächter fair und transparent zugehen. Die Pachthöhe muss angemessen sein. Wichtig ist, den schriftlichen Pachtvertrag hieb- und stichfest zu formulieren. Beispielsweise sollte vertraglich klar festgelegt werden, wer für die Reparatur und Ersatzbeschaffung der verpachteten Anlagegegenstände zuständig ist.
Beteiligung
DHZ: Eine Variante ist jetzt noch übrig: die Beteiligung. Was halten Sie davon?
T. H.: Um die Nachfolge zu regeln, kann die Beteiligung auch ein gangbarer Weg sein. Es wird also ein Teil des Betriebes an den Nachfolger übertragen. Auf diesem Weg gewinnt der Nachfolger einen ersten Einblick in die Geschäftsverhältnisse und macht die ersten Schritte als Unternehmer. Die Beteiligung an einem Unternehmen ist nicht selten die Vorstufe für die spätere Gesamtübernahme. Bei Eintritt in ein Einzelunternehmen entsteht eine Personengesellschaft, zum Beispiel eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Wichtig erscheint mir, dass „Jung“ und „Alt“ im Vorfeld offen klären, wer zukünftig für was zuständig und verantwortlich ist. Da gehört „Loslassen“ beim Senior oder der Seniorin auch mit dazu.
DHZ: Die Vorteile sind also, dass der Nachfolger den Betrieb kennenlernt?
T. H.: Ja, unbedingt. Und natürlich auch, dass man schrittweise Verantwortung abgeben kann und schon jetzt neue Impulse und Ideen das Unternehmen bereichern.
Unternehmenswert
DHZ: Damit kommen wir zu einem heiklen Thema: Der Beurteilung des zu übernehmenden Betriebs und die Festsetzung des Unternehmenswert und Kaufpreises.
T. H.: Ja, das ist mitunter für Senior-Chefs ein ernüchternder Moment, denn oft bewerten sie den finanziellen Wert emotional und sind dann enttäuscht, wenn ihnen ein anderen, oft niedrigeren Wert genannt wird.
DHZ: Welche Aspekte prüft der Übernehmer denn?
T. H.: Zum einen natürlich, welche Gründe es für die Übergabe gibt. Dann das Leistungsprogramm, die Kundenstruktur und die Mitarbeitersituation. Aber auch die „Substanzwerte“, d.h. der technische Stand der Betriebs- und Geschäftsausstattung, die Standortfaktoren und die Gewinn- und Umsatzentwicklung. Daher wird der potentielle Übernehmer Einblick verlangen in die Jahresabschlüsse der letzten drei bis fünf Jahre, die Kundendatei und sämtliche Verträge.
DHZ: Das klingt sehr umständlich.
T. H.: Ja, das ist nicht so leicht, daher hat der Zentralverband des Deutschen Handwerks hierfür zusammen mit einem Arbeitskreis von betriebswirtschaftlichen Beratern der Handwerkskammern einen Bewertungsstandard geschaffen, den sogenannten AWH-Standard. Das Ertragswertverfahren dient zur Findung einer Verhandlungsgrundlage für den Kaufpreis. Dieser berücksichtigt neben tatsächlich vorhandenen Vermögensgegenständen (Substanzwert) auch die Ertragssituation des Unternehmens (als Ausdruck für gute Kundenkontakte, Image, Marktstellung etc.). Hierbei kommt der zukünftigen Ertragssituation eine entscheidende Bedeutung zu. Experten helfen
DHZ: Finde ich irgendwo Checklisten, welche Dinge ich wann zu beachten habe, wenn ich eine Betriebsübergabe oder –übernahme plane?
T. H.: Die Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Handwerkskammern hat die Broschüre „Unternehmensnachfolge und –übergabe – Gewusst wie – den Betrieb erfolgreich führen“ herausgegeben. In dieser finden sich hilfreiche Grundlageninformationen. Zudem bekommt der Leser zahlreiche Checklisten an die Hand. Die Broschüre ist ein Einstieg, ersetzt allerdings das persönliche Beratungsgespräch nicht. Gerne können Sie sich bei der Unternehmensberatung der Handwerkskammer unter der Telefonnummer 0911/5309- 242 melden. Meine Kollegen und ich beraten gerne bei der Übergabe oder Übernahme eines Handwerksbetriebes und begleiten die Unternehmer und zukünftigen Unternehmer auf diesem Weg.
(Quelle: Deutsche Handwerks Zeitung, Ausgabe 21 vom 2. November 2018, Interviewpartner: Thomas Hoffmann, Unternehmensberater bei der Handwerkskammer für Mittelfranken)
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